Der Arbeitsvertrag

§ 16 Erläuterungen

§ 16 Erläuterungen

Vertragsstrafe Grundsätze

Bis zum 01.01.2002 unterlag es keinen Bedenken, Vertragsstrafen in standardisierten Arbeitsverträgen aufzunehmen, um die Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen durch den Arbeitnehmer sicher zu stellen.
Seit dem 01.01.2002 finden die Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Arbeitsverträge Anwendung und so stellt sich in der juristischen Literatur die Frage nach der Wirksamkeit der bislang eingeführten Vertragsstrafeklauseln in Anwendung der Regelung des § 309 Nr. 6 BGB. Dort heißt es: (...)in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam:
eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder der verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzuges oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ohne weiteres auf das Arbeitsrecht übertragen werden. Nach § 310 Abs. 4 Satz.2 BGB wird bei der Anwendung der Regelungen eine Entscheidung darüber verlangt, ob die uneingeschränkte Anwendung der jeweiligen Klauselverbote mit den im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten vereinbar ist. Zulässig war bislang eine Vertragsstrafe im Fall des Vertragsbruches durch den Arbeitnehmer. Als Vertragsbruch sah das Bundesarbeitsgericht folgende Sachverhalte an: Die schuldhafte und rechtswidrige Nichtaufnahme der Arbeit und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer vereinbarten Vertragszeit oder vor Ablauf einer Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund. Ebenso konnte hier mitunter auch das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers mit aufgenommen werden, welches den Arbeitgeber dazu veranlasst, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Klausel des § 309 Nr. 6 BGB knüpft nicht an ein rechtswidriges schuldhaftes Handeln des Vertragspartners aus Anlass der Lösung vom Vertrag an, sondern an jedwede Form der Lösung vom Vertrag. Die Anwendung bzw. Nichtanwendung der Regelung im Arbeitsrecht ist in der juristischen Literatur derzeit umstritten. Überwiegend wird jedoch wohl von der Wirksamkeit von Vertragsstrafen ausgegangen (vgl. zum Meinungsstand, Erfurter Kommentar/Preis, §§ 305-310 BGB, Rn. 93). Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Anwendbarkeit des § 309 Nr. 6 BGB liegt noch nicht vor. Die unterinstanzlichen Gerichte, die sich bislang mit dem Problem beschäftigen mussten, sind gespalten. Teilweise haben sie Vertragsstrafen im Arbeitsrecht weiterhin für grundsätzlich wirksam (ArbG Oberhausen, 26.07.2002 - 2 Ca 1287/02; ArbG Duisburg, 14.08.2002 - 3 Ca 1176/02; LAG Mainz, 03.04.2003 - 5 Sa 805/02), teilweise nunmehr für grundsätzlich unzulässig gehalten (LAG Baden-Württemberg, 10.04.2003 - 11 Sa 17/03; LAG Hamm, 24.01.2002 - 10 Sa 1158/02; LAG Düsseldorf, 08.01.2003 - 12 Sa 1301/02).
Die Wirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel muss daher zur Zeit als unsicher eingeschätzt werden. Allerdings ist dies für die übrigen Vertragsklauseln insoweit ohne Belang, als nach § 306 Abs. 1 BGB bei Unwirksamkeit einer vertraglichen Klausel der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt.
Gleichwohl wird aus Arbeitgebersicht allein die Abschreckung des Arbeitnehmers vor einer wirksamen Vertragsstrafe dafür sprechen, die Klausel weiterhin beizubehalten. Für die Nichtanwendung des Klauselverbotes im Arbeitsrecht spricht zudem, dass die Klausel des § 309 Nr. 6 BGB grundsätzlich den betroffenen Vertragspartner vor einer unangemessenen Benachteiligung durch den Verwender einer Vertragsstrafeklausel schützen soll, da ein solches Vertragsstrafeversprechen durch ein überwiegendes Interesse des Verwenders nicht gerechtfertigt sei. Ein völliges Verbot von Vertragsstrafeklauseln ist jedoch nicht geregelt. Der Gesetzgeber stellt folglich auf die aufgezählten Einzelfälle ab. Insoweit ist die Regelung grundsätzlich vergleichbar mit der Regelung des § 622 Abs. 6 BGB, wonach dem Arbeitnehmer keine einseitige Kündigungserschwerung auferlegt werden darf. Die oben genannte Vertragsstrafeklausel regelt insoweit auch nicht den Fall der wirksamen Kündigung unter Beachtung der Kündigungsfrist.

Die Klausel sanktioniert vielmehr den Vertragsbruch des Arbeitnehmers in dem Fall, in dem er sich gerade nicht an den Vertrag und die vertraglichen Kündigungsfristen hält, sondern die Arbeit gar nicht aufnimmt, während der Vertragslaufzeit einige Tage oder Wochen nicht antritt oder kündigt und der Arbeit fernbleibt und sich an die Kündigungsfristen, hinsichtlich der verbleibenden Vertragslaufzeit, nicht hält. Nur in diesem Fall ist die Vertragsstrafe durch den Arbeitnehmer verwirkt. Vor dem Hintergrund, dass diese Regelung in den durch den Rechtsprechung aufgestellten Grenzen aber bislang keine nicht gerechtfertigte Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellte, kann die Vertragsstrafe angesichts der spezifischen Bedürfnisse des Arbeitsrechts auch heute nicht durch die grundsätzliche Anwendung der Regeln über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Anwendung gelangen. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer anders als mittels einer Vertragsstraferegelung nicht wirksam verpflichten, den abgeschlossenen Vertrag zu erfüllen, anders als der Arbeitnehmers dies gegenüber dem Arbeitgeber in jedem Fall durchsetzen kann. Die Sanktion der Vertragsstrafe stellt insoweit das einzig taugliche Mittel des Arbeitgebers zur Durchsetzung anerkannter und billigenswerter Ziele an. Der Arbeitgeber entzieht dem Arbeitnehmer insoweit nicht die Möglichkeit, sich vom Vertag zu lösen, soweit der Arbeitnehmer die vertraglichen bzw. gesetzlichen Fristen einhält. Er sichert lediglich sein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung bis zum wirksamen Beendigungszeitpunkt. Die Vertragsstrafe stellt zudem für den Arbeitnehmer einen klar umrissenen Sachverhalt dar. Der Arbeitnehmer ist anders als der Verbraucher im Allgemeinen im geschäftlichen Verkehr insoweit nicht übervorteilbar.



Höhe der Vertragsstrafe

Vertragsstrafen müssen auch weiterhin eindeutig und klar formuliert sein. Daher ist es in jedem Fall unerlässlich zu vereinbaren, in welcher Höhe und für welche Zuwiderhandlung die Vertragsstrafe vorgesehen wird. Die Höhe der Strafe muss angemessen sein. Angemessen ist es z.B., für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts für jeden Tag der Zuwiderhandlung zu vereinbaren, da diese Geldleistung den tatsächlichen Schaden des Arbeitgebers darstellt. Um verhältnismäßig zu sein, muss die Vertragsstrafe der Höhe nach begrenzt werden, was dadurch erreicht wird, dass nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt als Vertragsstrafe vereinbart wird. Erfahrungsgemäß akzeptieren die Richter – meist als Höchstgrenze – den Betrag eines Monatsgehaltes.



Verschwiegenheitspflicht und Vertragsstrafe

Auch kann hier noch einmal eine Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung des Arbeitnehmers gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 11 dieses Vertrages mit aufgenommen werden. Die Vertragsstrafenhöhe sollte von den tatsächlichen Gegebenheiten des Betriebes oder Unternehmens abhängig gemacht werden.



Weitergehender Schaden

In jedem Fall sollte mit aufgenommen werden, dass die Geltendmachung eines weiter gehenden Schadens möglich bleibt. Somit verzichtet der Arbeitgeber nicht etwa auf eventuelle Ansprüche aus Schadensersatz gegenüber dem Arbeitnehmer, sondern stellt klar, dass er den Arbeitnehmer auch trotz dieser Abrede in Anspruch nehmen kann.