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Aufhebungsvertrag

Aufhebungsvertrag

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis durch eine vertragliche Vereinbarung beenden. Das kann auch durch schlüssiges Handeln geschehen, etwa dadurch, dass der Arbeitnehmer die Kündigung annimmt.
Da es sich beim Aufhebungsvertrag um keine Kündigung handelt, findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Aus demselben Grund muss weder der Betriebsrat angehört werden, noch müssen die bei einer
Kündigung eventuell erforderlichen behördlichen Genehmigungen (z.B. bei Schwangeren oder Schwerbehinderten) eingeholt werden. Als Folge eines Aufhebungsvertrages kann eine Sperrfrist verhängt werden. Unter Umständen können Abfindungen auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Abfindung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages gehört zu den gefährlichsten Gebieten des Arbeitsrechts und sollte stets wohl überlegt erfolgen. Hier ist meist professioneller Rat erforderlich.


Bedingte Aufhebungsverträge

Der Auflösungsvertrag kann gemäß §§ 134, 138 BGB wegen Gesetzes- und Sittenwidrigkeit nichtig sein. Zu beachten ist, dass die Nichtigkeit nicht bereits ohne weiteres aus einer Umgehung der grundsätzlich gerade nicht anwendbaren Kündigungsschutzvorschriften folgt. Allenfalls im Einzelfall kann sich aus dem Zweck einzelner gesetzlicher oder tariflicher Kündigungsverbote etwas anderes ergeben.
Bedingte Aufhebungsverträge, die die Bedingung von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig machen, sind grundsätzlich unwirksam, es sei denn, es besteht dafür ein sachlicher Grund.
Als unwirksam wurde z. B. ein Aufhebungsvertrag angesehen, in dem festgelegt wurde, dass das Arbeitsverhältnis aufgehoben ist, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt.
Unzulässig ist es insbesondere, einen bedingten Aufhebungsvertrag als Ersatz für ein sonst erforderliche außerordentliche Kündigung vorzusehen. Darin liegt eine objektive Umgehung von Kündigungsschutzbestimmungen, insbesondere des § 626 BGB.

Wegen der Umgehung zwingender Kündigungsschutzbestimmungen ist deshalb z. B. ein Vertrag von Anfang an unwirksam.
– wenn ein bestimmter Grund (z. B. die nicht fristgerechte Rückkehr aus dem Urlaub) als aufschiebende Bedingung für einen Aufhebungsvertrag festgelegt und damit der Nachprüfung entzogen wird, ob er auch als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ausreicht;
– durch den das Arbeitsverhältnis zum Urlaubsende aufgelöst wird, wenn dem Arbeitnehmer gleichzeitig die Wiedereinstellung bei Wahrung des Besitzstandes zugesagt und dafür nicht nur die termingerechte Rückkehr, sondern auch die Zustimmung des Betriebsrats und eine günstige Beschäftigungslage als Bedingung vereinbart wird, der Arbeitgeber aber bei Vertragsschluss die Beschäftigung des Arbeitnehmers nach Urlaubsende aus betrieblichen Gründen für notwendig erachtet und ihm deshalb einen zusätzlichen unbezahlten Urlaub verweigert;
– wenn eine einzelvertragliche Vereinbarung vorsieht, dass ein Berufsausbildungsverhältnis ohne weiteres endet, wenn das Zeugnis des Auszubildenden für das nächste Berufsschulhalbjahr in einem von bestimmten in der Vereinbarung aufgeführten Fächern die Note »Mangelhaft « aufweist, ferner dann,
– wenn Gleiches beim Genuss von Alkoholika bei einem alkoholgefährdeten Arbeitnehmer oder bei Fehlzeiten wegen Krankheit eintreten soll


Anfechtbarkeit

Der Auflösungsvertrag kann gemäß §§ 119, 123 BGB wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung anfechtbar sein. i. Anfechtung wg. Irrtums Irrt sich eine schwangere Arbeitnehmerin über die mutterschutzrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrages, so berechtigt dieser Rechtsfolgenirrtum grundsätzlich nicht zu einer Anfechtung gemäß § 119 BGB.
Zwar kann ausnahmsweise ein Irrtum über die Rechtsfolgen einer Willenserklärung zur Anfechtung berechtigen, wenn diese selbst Inhalt der Willenserklärung geworden sind und dem Erklärenden über diesen Inhalt ein Irrtum unter läuft. Eine auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielende Willenserklärung einer schwangeren Arbeitnehmerin enthält aber nicht zugleich die Erklärung des Verzichts auf die mutterschutzrechtlichen Ansprüche, so dass ein Irrtum über die Folgen des Verzichts darauf zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 BGB nur berechtigt, wenn ein dahingehender Verzicht ausdrücklich oder stillschweigend Inhalt der Willenserklärung war und ein Irrtum über den Inhalt des erklärten Verzichts vorlag.
Wenn eine werdende Mutter bei Abschluss des Aufhebungsvertrags nichts von ihrer Schwangerschaft wusste,
dann stellt dies kein Grund für eine Anfechtung des Aufhebungsvertrags wegen Irrtums gem. § 119 Abs. 1 oder 2 BGB dar. Zur Anfechtung ist die werdende Mutter auch nicht berechtigt, wenn sie sich über die mutterschutzrechtlichen Folgen des Aufhebungsvertrags geirrt hat.


Anfechtung wg. Drohung/Täuschung

Zweifelhaft ist, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer einen abgeschlossenen Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 Abs. 1 BGB anfechten kann, wenn der Arbeitgeber z. B. ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers festgestellt hat oder festgestellt zu haben glaubt und ihn vor die Alternative einer außerordentlichen Kündigung oder des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages gestellt hat.
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung in Aussicht stellt, falls der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt und die Vertragspartner daraufhin einen Aufhebungsvertrag schließen, ist die Androhung einer fristlosen Kündigung dann keine widerrechtliche Drohung im Sinne des § 123 BGB, wenn ein verständiger anderer Arbeitgeber eine solche Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.
Das BAG hat seine Rechtsprechung in einer weiteren Entscheidung bestätigt, nach der die Anfechtung eines abgeschlossenen Aufhebungsvertrages dann möglich ist, wenn der Arbeitgeber gleichzeitig mit der Vorlage des Aufhebungsvertrages mit einer Kündigung gedroht hat, die ein verständiger Arbeitgeber jedoch nicht ausgesprochen hätte.
Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Androhung einer fristlosen Kündigung also dann nicht widerrechtlich i. S. von § 123 BGB, wenn ein verständiger (nicht ein „idealer“, mit ganz hervorragenden Arbeitsrechtkenntnissen und einem hohen sozialen Engagement ausgestatteter) Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte; unerheblich ist demgegenüber, ob eine fristlose Kündigung letztlich wirksam gewesen wäre. Ausreichend ist es z. B., wenn der Arbeitnehmer in 3 Jahren gefälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat.
Eine Strafanzeige ist jedoch bei bestehendem Anfangsverdacht grundsätzlich ein rechtmäßiges Mittel der Drohung zur Herbeiführung eines Aufhebungsvertrags, solange vom drohenden Arbeitgeber keine unwahren oder verfälschenden Angaben gegenüber den Strafverfolgungsbehörden in Aussicht gestellt werden. Ein Aufhebungsvertrag oder ein diesem gleichkommendes Rechtsgeschäft ist auch kein rechtswidriger Zweck einer Drohung, wenn das Rechtsgeschäft weder verboten noch sittenwidrig ist. Das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf den mit der Drohung erstrebten Zweck macht diese noch nicht rechtswidrig.
Aufgrund dieser Rechtsprechung des BAG sollte der Arbeitgeber bei einer Verhandlung über einen Aufhebungsvertrag nicht mit einer außerordentlichen Kündigung drohen, da die Anfechtungsmöglichkeit durch den Arbeitnehmer ungewiss ist, obwohl dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die widerrechtliche Drohung trifft.
Verschiedentlich ist in Tarifverträgen den Arbeitnehmern das Recht eingeräumt worden, innerhalb einer bestimmten Frist von einem Aufhebungsvertrag zurückzutreten75. Auf das Rücktrittsrecht kann verzichtet werden.