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Ausschlussfristen

Ausschlussfristen


Ausschlussfristen besagen, dass die arbeitsvertraglichen Ansprüche des Mitarbeiters verfallen, d.h. endgültig untergehen, wenn er sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Fälligkeit ("Ausschlussfrist") geltend macht. Aufgrund von Ausschlussfristen können daher Ansprüche aller Art, die Arbeitnehmer haben, insbesondere natürlich Vergütungsansprüche ersatzlos verloren gehen.

Ein solcher Rechtsverlust kann allerdings auch dem Arbeitgeber blühen. Wenn er zum Beispiel der Meinung ist, dass er von einem Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen könnte, ist dieser Anspruch möglicherweise durch eine Ausschlussfrist bereits verfallen, wenn er ihn nicht rechtzeitig geltend macht.

Ausschlussfristen dienen, wie die Vorschriften über die Verjährung der Rechtssicherheit, d.h. sollen eindeutig regeln, bis zu welchem Zeitpunkt aus einem Arbeitsverhältnis noch Ansprüche hergeleitet werden können.

Ausschlussfristen sind nicht im Gesetz enthalten. Vielmehr können sie in Arbeitsverträgen oder in Tarifverträgen vereinbart werden. Solche Bestimmungen nennt man Ausschlussklauseln. Manchmal finden sich Ausschlussklauseln auch in Betriebsvereinbarungen.

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes jedoch nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Dieses Verbot gilt auch für Ausschlussfristen. Eine vertragliche Ausschlussklausel, die auch diese Fälle erfasst (Frage der Auslegung!), ist teilnichtig, nicht jedoch insgesamt nichtig. Die Ausschlussklausel ist hinsichtlich der Art der erfassten Ansprüche ohne weiteres teilbar. Sollte beispielsweise § 139 BGB (sittenwidriges Rechtsgeschäft) eingreifen, ist anzunehmen, die Parteien hätte die Ausschlussfrist auch ohne den nichtigen Teil vereinbart.

Anders als bei der Verjährung von Ansprüchen braucht sich die beklagte Partei, wenn es im Prozess auf eine Ausschlussfrist ankommt, auf deren Geltung nicht zu berufen. Die Geltung von Ausschlussfristen muss das Arbeitsgericht nämlich von selbst bzw. "von Amts wegen" bedenken. Auf die Verjährung des eingeklagten Anspruchs muss man sich als beklagte Partei im Prozess dagegen ausdrücklich berufen, da das Gericht die Verjährung sonst für das Urteil nicht berücksichtigt.


Ausschlussklauseln gelten auch dann, wenn man von ihnen keine Kenntnis hat!

Die harten Auswirkungen von Ausschlussfristen wurden von der Rechtsprechung in den vergangenen Jahren unter Verweis auf die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Erteilung eines Arbeitsnachweises abgemildert. Kommt der Arbeitgeber nämlich seiner gesetzlichen Pflicht zur Erteilung eines Arbeitsnachweises, der auch einen Verweis auf Tarifverträge enthalten muss, nicht nach, dann kann er sich auf im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussklauseln nicht berufen.

Tarifvertragliche und arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln können sich nicht nur auf vertragliche, sondern auch auf gesetzliche Ansprüche erstrecken, und zwar sogar auf solche gesetzlichen Ansprüche, die zugunsten des Arbeitnehmers "unabdingbar" sind, d.h. von denen nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Während also ein vertraglicher Verzicht des Arbeitnehmers auf solche Ansprüche nichtig wäre, ist der Ausschluss seiner gerichtlichen Geltendmachung durch eine Ausschlussklausel zulässig.

Von Ausschlussklauseln erfasst werden können daher zum Beispiel auch Ansprüche auf Urlaubsabgeltung oder auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Welche Ansprüche im einzelnen von der Ausschlussklausel betroffen sind, ergibt sich natürlich aus dem Inhalt der jeweils geltenden Klausel.

In einer wichtigen Hinsicht ist die Wirksamkeit von Ausschlussklauseln allerdings beschränkt: Wenn wir als Arbeitgeber durch Erteilung einer (Gehalts-)Abrechnung die Leistung einer bestimmten Anzahl von Arbeits- und/oder Überstunden sowie den dazugehörigen Stundenfaktor vorbehaltlos anerkannt haben, dann braucht der Arbeitnehmer die der Lohnabrechnung entsprechende Lohnforderung nicht mehr gesondert, d.h. schriftlich und/oder durch eine Klage geltend zu machen, um eine Ausschlussfrist zu wahren.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche

Man unterscheidet einstufige und zweistufige Ausschlussfristen.

Einstufige Ausschlussfristen sehen vor, dass die Ansprüche bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden müssen. Dabei wird meistens verlangt, dass die Geltendmachung schriftlich erfolgt.

Zweistufige Ausschlussfristen verlangen, dass man nach der (schriftlichen) Geltendmachung seiner Forderung innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist Klage beim Arbeitsgericht erheben muss, falls die Gegenseite die Leistung verweigert. Auf einer zweiten Stufe ist daher der Gang zum Arbeitsgericht zwingend vorgeschrieben.

ine zweistufige Ausschlussklausel verstößt nicht gegen § 309 Nr. 13 BGB (Form von Anzeigen und Erklärungen). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage eine Anzeige oder Erklärung darstellt, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben ist, und ob damit eine strengere Form als die Schriftform oder ein besonderes Zugangserfordernis verbunden ist.

Jedenfalls gebietet die angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 BGB) zweistufige Ausschlussfristen zuzulassen.

Zu berücksichtigen sind nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens, denn es geht um die Beachtung der dem Arbeitsverhältnis innewohnenden Besonderheiten. Zweistufige Ausschlussfristen begründen die Obliegenheit, Ansprüche fristgerecht gerichtlich geltend zu machen. Sie dienen seit langem der im Arbeitsleben anerkanntermaßen besonders gebotenen raschen Klärung von Ansprüchen und der Bereinigung offener Streitpunkte.

Die Obliegenheit der klageweisen Geltendmachung in einer Ausschlussfrist verstößt überdies nicht gegen § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden). Sie beinhaltet keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung, denn der Anspruch entsteht uneingeschränkt und wird lediglich für den Fall fehlender Geltendmachung befristet.



Persönliche Anmerkung

Bei der Bestimmung der angemessenen Länge der Ausschlussfrist hinsichtlich einer AGB- Kontrolle sollte ein Richter berücksichtigen, dass in arbeitsrechtlichen Gesetzen bevorzugt verhältnismäßig kurze Fristen zur Geltendmachung von Rechtspositionen vorgesehen werden (vgl. §§4 KSchG, 17 TzBfG).

Tarifverträge enthalten vielfach gegenüber den gesetzlichen Verjährungsfristen deutlich kürzere Ausschlussfristen von wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten. Solche Fristen sind ebenfalls in ihrer Gesamtheit als im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angemessen zu berücksichtigen.

In Deutschland gilt Tarifvertragsfreiheit!

Die Dauer der angemessenen Ausschlussfrist sollte sich jedoch nicht an der unteren Grenze der genannten Fristen orientieren.

Einen geeigneten Maßstab stellt die o.g. dreimonatige Frist des § 61 b Abs. 1 ArbGG dar. Kürzere Ausschlussfristen sind mit den wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts unvereinbar und führen deshalb entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die automatische Ausdehnung auf eine zulässige Dauer kommt wegen des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 BGB) jedenfalls bei Arbeitsverträgen nicht in Betracht. Daran ändert auch eine salvatorische Klausel im Arbeitsvertrag nichts.

Es gilt dann allein das gesetzliche Verjährungsrecht!!!